03.02.2024

Im Einsatz für die Lebensfreude – Karl Bacherle tritt ab

Er hat mehrere Berufe erlernt, bis er seine Berufung im Benefiz fand: Tausendsassa Karl Bacherle, knapp drei Jahrzehnte erfolgreicher Leiter der Aktion 100 000 und Ulmer helft, geht in Ruhestand.

Vermutlich hätten ihn die Ulmer auch zum Oberbürgermeister gewählt. Wenn er denn jemals angetreten wäre: Karl Bacherle ist jemand, den jede und jeder in Ulm kennt. Den jeder mag, den alle schätzen. Den viele lieben – nicht nur, weil er einmal im Jahr Wohltaten verteilt. Der „KaBa“, wie ihn die meisten nennen, ist in dieser Stadt, wo einem so mancher „Bruddler“ über den Weg läuft, die schwäbische Version eines Rheinländers. Stets lachend, scheinbar ewig gut gelaunt, zugewandt, empathisch. Dazu aber mit schwäbischen Tugenden gesegnet: Er hält Wort und bringt die Dinge zu Ende. Nicht unbedingt so, wie sie geplant waren (das rheinische Element!), aber es funktioniert immer. Einen wie ihn, den muss man einfach gut finden.


Erfolg der Aktion 100 000 eng mit Bacherle verknüpft

Umso trauriger ist es, dass er nun in den Ruhestand geht. Altersmäßig steht es ihm zu – in diesem Jahr wird Karl Bacherle 65 – aber gefühlt will man es nicht wahrhaben. Weil er in jedem Winterhalbjahr seine ganze Energie in ein Projekt steckte, das ihn weit über die Grenzen der Region bekannt gemacht hat. 27 Jahre lang war Karl Bacherle Aktionsleiter der „Aktion 100 000“, aus der nach der Fusion im Jahr 2004 mit der Ulmer Spendeninitiative die „Aktion 100 000 und Ulmer helft“ wurde. In den bisherigen 26 Runden sind dabei insgesamt weit über 17 Millionen Euro an Spendengeldern zusammengekommen. Eine Zahl, die niemand jemals in dieser Höhe erwartet hätte – und die mit der 27. Kampagne, die an diesem Sonntag mit einem Konzert des Heeresmusikkorps im CCU beendet wird, nochmals kräftig ansteigen wird. Und das hängt vor allem mit dem Engagement von Karl Bacherle zusammen.

Krankenpfleger, Radiomann und dann zur „NPG-Mutter“

Angefangen hat die Karriere des gebürtigen Söflingers aber ganz anders. Nach dem Abi an der Friedrich-List-Schule wurde Karl erst einmal Krankenpfleger, danach folgte ein Lehramtsstudium. Aber weil es damals – im Gegensatz zu heute – zu viele Lehrer gab, wechselte er zu Radio Donau 1, das später in Radio 7 aufging. Musikredakteur, Moderator, Chef vom Dienst, Interviews mit Willy Brandt, Boris Becker und Helmut Kohl. „Das waren meine spannendsten beruflichen Jahre“, sagt er heute rückblickend. Dann aber habe ihn der „Ruf der großen NPG-Mutter“ ereilt. In der Neuen Pressegesellschaft, die auch die SÜDWEST PRESSE herausgibt, dann wieder eine Karriere mit etlichen Stationen: Leiter des Vertriebs, des Marketings, der Messe- und Eventabteilung.


„Das Schönste an meiner Arbeit waren die Menschen“

Bis 1997 die Leitung der Spendenaktion auf ihn zukam. „Das wurden dann die erfülltesten Jahre meines Lebens“, sagt er heute. Warum? Karl Bacherle denkt kurz nach, lächelt: „Das Schönste an meiner Arbeit waren die Menschen, mit denen ich in ganz unterschiedlichsten Rollen zu tun hatte: Spendenempfänger, Spender, ehrenamtliche Helfer, die Bürgerschaft, Leser und Leserinnen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SWP, Künstler und Kulturschaffende, Chefs…“ Die Konstante der Karriere – immer neue Aufgaben, neue Menschen, neue Herausforderungen – in einem Job versammelt: Karl Bacherle hatte seine Berufung gefunden. Die ihn bis heute voll und ganz ausfüllt: „Das Furchtbare und gleichzeitig das Glückseligmachende war in den fast 30 Jahren die Auseinandersetzung mit den Einzelschicksalen. Da ist so viel Leid, Not und Lebensdrama mit dabei gewesen, dass man das oft gar nicht glauben konnte und wollte. Mit Spendengeld und viel Zuversicht konnte man aber wieder für Lebensfreude und Entlastung bei den Betroffenen sorgen.“

Jetzt ist erst mal die Familie dran

Der Mann, der jeden Morgen in seinem kleinen Büro mit Aussicht auf den Parkplatz sitzt, am Computer über seine Lesebrille lugt, hat aber auch selber Schicksalsschläge verarbeiten müssen. Im November 2022 starb seine Frau Simone. Die Spendenaktion ging dennoch weiter, weil Karl Bacherle wusste: Auch andere brauchen Hilfe. Aber in Zukunft sollen jetzt die gemeinsamen Kinder im Vordergrund stehen: „Mein erstes größeres Projekt wird meine Familie sein, dann kommen all´ die Dinge an die Reihe, für die ich die letzten Jahrzehnte wenig bis gar keine Zeit hatte: Freunde besuchen, Kultur erleben, hin und wieder reisen und viel radfahren, endlich wieder lesen. Ich versuche, mein Leben etwas zu genießen.“

Bacherle übergibt an Chris Mertl

Zuvor will er aber – am 30. April hat er seinen letzten Arbeitstag – noch etwas erledigen, das ihm selber nicht vergönnt war: „Ich will meinem Nachfolger Chris Mertl alles beibringen, was mir bei der Aktionsübergabe nicht beigebracht worden ist, weil damals alles sehr schnell ging.“ Die „Aktion 100 000 und Ulmer helft“ geht also weiter – auch wenn sich das mancher ohne Karl Bacherle nicht vorstellen mag. Aber man geht ja niemals so ganz: Sicher wird man ihn noch ganz oft in Ulm treffen. Lächelnd, bester Laune, im launigen Gespräch. Und immer bereit, noch schnell einen neuen Spender für die Aktion 100 000 zu begeistern.

17 Millionen Spenden hat Karl Bacherle grob überschlagen als Leiter der Benefiz-Initiative Aktion 100 000 und Ulmer helft mit auf den Weg gebracht. Das aktuelle Ergebnis kommt noch obendrauf.


Ein Artikel von: Ulrich Becker