25.11.2024
Captain Ahab trifft Don Quijote
Franco Hänle dirigiert ein tolles Eröffnungskonzert der Aktion 100 000 in der Pauluskirche.
Wenn die Sonne aufgeht, klangvoll. Zur Eröffnung der 54. Aktion 100 000 und Ulmer helft spielte die Stadtkapelle Ulm in der Pauluskirche, traditionell. Ihre „Abenteuerreise“ begann mit einem Sonnenaufgang. Der österreichische Komponist Thomas Doss erinnert in seiner Hymne „Aurora“ an die Göttin der Morgenröte: mit vielen orientalischen, auch gesungenen Klängen.
Nach diesem furiosen Einstieg folgte das literarische Orchesterstück „Ahab!“ des US-Amerikaners Stephen Melillo. Der hatte verschiedene Abschnitte des Romans „Moby-Dick“ von Herman Melville fast schon filmmusikalisch vertont. Meer, Wind und Wetter und der weiße Pottwal: Die Stadtkapelle schilderte das mit atemraubender Wucht. Dazu las Schauspieler Jo Jung Texte aus dem Roman. Er verkörperte großartig den fanatischen Ahab mit all seinen Zweifeln an der Welt und seiner Wut. Auch wenn trotz Mikrofons die Selbstreflexionen des Captains im Klang der Musik manchmal untergingen, war dieses Werk ein überwältigendes Ereignis. Franco Hänle dirigierte mit gewohnter Souveränität und mit vollem Überblick.
Die Windmühlen-Räder
Mit der Schilderung der liebevollen Hingabe der Buckelwalweibchen zu ihren Neugeborenen sorgte „Vulnerable Joy“ der australischen Komponistin Jodie Blackshaw dann bestens dafür, wieder zur Ruhe zu kommen. In den drei Sätzen von „El Quijote“ erzählt der Spanier Ferrer Ferran Kapitel aus dem Roman von Miguel de Cervantes. Jung las dazu die passenden Passagen, etwa die Wandlung des armen Landjunkers zum Ritter, seine Sehnsucht nach Dulcinea sowie den Kampf gegen die Windmühlen und auch seine Heimkehr, die Rückkehr zur Vernunft. Schloss man die Augen und hörte nur Orchester und Erzähler zu, konnte man dank der tollen Aufführung alles vor sich sehen: vom Pferdegetrappel bis zu den sich drehenden Windmühlen-Rädern.
Mit einer „Sunset Serenade“ von Thomas Doss bedankte sich die bestens spielende Stadtkapelle Ulm mit ihren großartigen Solistinnen und Solisten für den Beifall.
ein Artikel von Gottfried Lothar