13.07.2019

Schöne Töne von Sylt bis Ulm

Die Big Band der Bundeswehr spielt auf dem Münsterplatz vor knapp 2000 Zuhörern. Die Spenden fließen an die Aktion 100 000 und Ulmer helft. Von Jonas Rautenberg

Der Ulmer Münsterplatz, Donnerstag, 15 Uhr. Es regnet. In Strömen. Kaum vorstellbar, dass dort fünf Stunden später das Konzert der Big Band der Bundeswehr über die Bühne gehen soll. Doch Hauptmann Johannes Langendorf ist optimistisch. Er habe eine "Standleitung zum Deutschen Wetterdienst" und könne versichern, dass der Platz um 20 Uhr trocken sei.
Langendorf ist Tourmanager der Big band der Bundeswehr und damit verantwortlich für die Planung und Durchführung sämtlicher Auftritte. Er organisiert auch die Sommer-Opne-Air-Tour, die 30 Konzerte umfasst und am Donnerstag eben auch in Ulm Station gemacht hat. Schon seit 48 Jahren tourt die band "als klingende Visitenkarte der BRD" durch Deutschland und die Welt, sagt Langendorf - mit erstaunlicher bandbreite, die von Swing über Rock bis zu Popmusik reicht.

Ausschließlich Profis
Doch was genau ist eigentlich diese Big Band der Bundeswehr? Eines schon mal nicht: Soldaten, die sich nach Feierabend zum Musizieren treffen, wie Langendorf klarstellt. Wenn die Big Band Stellen ausschreibt, sucht sie professionelle Musiker mit langjähriger Erfahrung. Die müssen ein Casting über mehrere Runden durchlaufen - "quasi wie bei DSDS", wie Langendorf augenzwinkernd hinzufügt. nach der Auswahl müssen die Trompeter, Bassisten und Co. Soldat werden, ganz ohne militärische Ausbildung geht es dann doch nicht. Nach siebenmonatigen Lehrgängen geht es zurück zur band, wo die Soldaten dann Vollzeit beschäftigt sind.
Professionelle Big Bands sind in Deutschland rar, knapp ein halbes Dutzend gibt es, meist von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten getragen. Alle zwei Jahre werden die Bundeswehr-Musiker übrigens benotet, man wolle " auf jedem Stuhl eine Top-Bestzung", sagt Oberstleutnant Timor Oliver Chadik, der Bandleader. Beurteilt wird nicht nur die musikalische Leistung, sondern auch kameradschaftliches Verhalten. Wie wichtig Kameradschaft ist, hat Chadik selbst erlebt. 2010 bildete er fünf Monate lang afghanische Musiker in Kabul aus. Den Afghanen habe man "Basics" wie das Notenlesen beigebracht. Der Alltag war jedoch alles andere als Normalität: Proben "mit Waffe am Mann" und ein liegengebliebener Wagen mitten in einem ungesicherten Gebiet. Eine extreme Erfahrung, die Chadik aber nicht missen will.

Obwohl die Big Band die selbe Professionalität wie zivile Ensembles an den Tag legen will, ist sie doch eine Truppe der Extreme. Langendorf erzählt von „Auslandseinsätzen“ in Südkorea und von Auftritten bei 35 Grad in Malaysia. Nächstes Jahr geht es nach Tokio zu den Olympischen Spielen; für Abwechslung scheint in diesem Beruf gesorgt. Auch in Deutschland hat er seine persönlichen Highlights, etwa den Auftritt am Sylter Nordseestrand vor gut gelaunten Urlaubern. Die Resonanz zu ihrer Musik sei quer durch die Republik gut, sagt Langendorf. Möglich, dass das gute Image auch damit zusammenhängt, dass die Band ohne Gage und nur für karitative Zwecke spielt. Je nach Veranstaltungsort wird für lokale Einrichtungen gespendet.

Er erzählt, wie Mitarbeiter von Kinderhospizen über ihre Arbeit auf der Bühne berichten. Man sieht: Der Grat zwischen Spaß und Ernst ist schmal bei dieser Band. Das wird auch beim Auftritt in Ulm deutlich: Langendorf, der auch Moderator des Abends ist, erinnert an die Bundeswehrpiloten, die in den vergangenen Wochen ums Leben gekommen sind. „Doch das Leben geht weiter“, sagt Langendorf und gibt den Startschuss zu einem launigen Abend.

Die Band präsentiert ein Potpourri an Hits, von LaBelles „Lady Marmalade“, Songs von Aretha Franklin bis Bruno Mars. Das Publikum hat sichtlich Spaß; der Münsterplatz wird immer voller, und es bleibt trocken – wie von Langendorf vorhergesagt.

Ein lohnender Abend für den guten Zweck
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Vor dem Konzert
haben sich Organisationen wie etwa die Andere Baustelle Ulm, die Donau-Iller Werkstätten, der RehaVerein für soziale Psychiatrie vorgestellt, die alle von der Aktion 100 000 unterstützt werden. Im verlauf des Abends kamen 11 000 Euro an Spenden durch die Besucher des Konzerts zusammen.


Auch die Schirmherren
der Aktion 100 000, OB Gunther Czisch und Ulrich Becker, Chefredakteur der SÜDWEST PRESSE. griffen auf der Bühne ins Portemonnale.

Weitere 5000 Euro kamen von Ulrike Freund von der Brauerei Gold Ochsen und von Stadthaus-Wirt Christian Becker.