16.02.2021

Ausgefallene Benefiz-Veranstaltungen: Künstler hoffen auf nächste Runde

Blick zurück und nach vorn: Kulturschaffende verraten, ob sie ihren Einsatz für die Aktion 100 000 vermisst haben – und auf was sie sich freuen.

So schön das reine Spendenergebnis dieses Jahr auch ist, es fehlte viel in unserer Jubiläumsrunde“, zieht Karl Bacherle Bilanz. Der Aktionsleiter meint damit die rund 50 Benefiz-Veranstaltungen – von Konzerten über Kabarett bis zur  Laientheater-Reihe „Feierabendbrettl“. Er habe den Kontakt mit den vielen Kulturschaffenden und dem (spendablen) Publikum überaus vermisst. Die Künstler hätten über die Jahre hinweg sehr viel getan für die Kultur in Ulm und drumherum. Bacherle: „Ich habe mich von dieser Vielfalt mitreißen und motivieren lassen.“


Nur keine ollen Kamellen

Einer der Motivatoren ist Lothar Beck, früher Chef der Kabarett-Truppe „Die Belehrer“ und nun mit den „untertoenern“ bissig-witzig unterwegs. Momentan sind Beck und seine Mitstreiter im „stand by“-Modus. Selbstverständlich sei man auf der Suche nach Themen, aber eher denen, die im zwischenmenschlichen Bereich spielen – etwa „Mann-Frau oder so“. „Bis wir auftreten, sind Trump und die Kanzlerkandidatur olle Kamellen. Wir wollen nicht auf Halde schaffen“, betont Beck. Weil sich die Gruppe momentan nicht treffen dürfe, könne man die Themen sowieso nicht gemeinsam ausarbeiten. So laute die Devise „Wir warten ab und wir sind hoffnungsfroh!“

Voller Vorfreude auf Weihnachten 2021 ist Antonia Häußler, die seit knapp zehn Jahren mit der „Weihungstaler Stubenmusik“ begeistert. Dass die Weihungstaler im Jahr 2020 kein einziges der fünf Benefiz-Konzerte haben spielen können, sei „für alle ganz schlimm“ gewesen. „Wir machen das doch so gerne. Drum hat es uns arg weh getan“, sagt die Unterkirchbergerin, die an Weihnachten statt in proppevollen Kirchen daheim mit der Familie für die Familie musizierte. In diesem Jahr soll die Alpenländische Weihnacht aber wieder groß gefeiert werden: „Davon gehen wir jetzt einfach mal aus.“


„Wir brauchen Seelennahrung“

„Es hat einfach der Jahresabschluss gefehlt, die Emotionen. Das ist unfassbar schade.“ Siyou Isabelle Ngnoubamdjum vermisste ihr Ritual:  die beiden Konzerte in der Pauluskirche, die sie regelmäßig mit dem „Gospel Project“ gibt. „Wir machen das schon fast 25 Jahre. Das ist in unserer DNA.“ Sie habe die Menschen vermisst, die Jahr für Jahr im Publikum sind. „Wir brauchen doch Seelennahrung. Konzerte sind Seelennahrung. Ich hoffe, dass wir bald wieder dahin kommen.“

„Wir spielen so gerne im Alten Theater. Das ist immer das Highlight des Jahres.“ Gerhard Rueß ist Vorsitzender des Vereins „Theater in Bach – d’Schlabbergoscha“ und seit mehr als zehn Jahren fürs „Feierabendbrettl“ der Aktion 100 000 aktiv. Deshalb seien alle jetzt „scho a bissle auf Entzug“. Passend dazu hat die Gruppe als nächstes Stück „Nur Zoff mit dem Stoff“ ausgeguckt. Im September soll es mit den Proben losgehen, für November sind erste Auftritte geplant. Rueß: „Bei uns ist die Stimmung positiv.“


Pflegeheimrunde statt Konzert für Aktion 100 000

Für Joo Kraus ist die Christmas Night in der Pauluskirche seit Jahren das persönliche Jahresfinale. Variante 2020 fiel anders aus: „Ich habe mit Dieter Kraus eine Runde zu den Pflegeheimen gemacht“, erzählt er. Sie spielten in Innenhöfen und unter Balkonen – „eine schöne Erfahrung“. Jedoch habe die Atmosphäre in der Pauluskirche gefehlt. An Weihnachten ’21 mag Kraus noch nicht denken. Er glaubt: „Corona ist wie eine Fastenzeit. Beim nächsten Mal wird der Auftritt bestimmt viel intensiver.“

Ein Mega-Chor mit 1500 Sängerinnen und Sängern sollte passend zum 50. Geburtstag der Aktion 100 000 ein Ständchen in der Ratiopharm-Arena geben. So hatte es sich der Leiter des Chors, Markus Romes, gemeinsam mit Karl Bacherle ausgedacht. Doch das vermaledeite Virus machte die Idee zunichte. Und Markus Romes begann am 25. Oktober um 17 Uhr nicht zu dirigieren: Er verschickte eine E-Mail an 1568 Sängerinnen und Sänger. „Darin stand: Pest, Cholera und Corona vergehen, wir aber bleiben bestehen“, erzählt Romes mit ironisch-munterem Unterton. Er ist der festen Überzeugung: „Irgendwann klappt’s auf jeden Fall mit dem Auftritt.“ Seine Chöre seien jedenfalls fleißig am Proben – wenn auch momentan nur online.


Robbi Freudigmann
, Bassist  von „Robbi & friends“, ist wild entschlossen. „Wir stehen in den Startlöchern und wollen am 4. Dezember die 22. Rock-Pop-Oldie-Nacht im Roxy hinlegen“, ist er überzeugt. Eine Zoom-Konferenz, wie sie die Band untereinander im November 2020 statt des Konzerts hatte, wird es seiner Meinung nach nicht mehr geben. „Das war schon sehr traurig.“ Freudigmann denkt jetzt lieber an die Setlist des nächsten Auftritts für die Aktion 100 000. Nach langer amtlich angeordneter Isolation fällt ihm spontan ein Beatles-Titel ein: „Come together!“