28.09.2016

Spenden für Syrische Familie über Aktion 100.000

Schicksalsschlag für Vater und fünf kleine Kinder aus Syrien. Wir helfen!

Berührender Beistand für syrische Familie
Breitinger Bürgermeister erfreut über Angebote – Landkreis organisiert Haushaltshilfe


Die Anteilnahme am Schicksal der syrischen Familie Abdo in Breitingen ist groß. Hilfsangebote kommen – von einer Schülerin bis zu Fahrschulen.
Breitingen. Eine Schülerin aus Westerstetten hat sich im Breitinger Rathaus gemeldet und ihre Hilfe für die Familie Abdo angeboten: Sie könne mit dem Fahrrad kommen und auf die Kinder aufpassen. Es sind Angebote wie diese, die Bürgermeister Dieter Mühlberger berühren.
Die Familie Abdo hat wie berichtet ein schwerer Schicksalsschlag getroffen – ausgerechnet, als in Breitingen endlich wieder alles auf einem guten Weg schien. Zu Fuß waren die Eltern mit den Kindern aus dem vom Krieg zerstörten Syrien geflohen. Im Juli kam hier das fünfte Kind zur Welt, kurz nach der Geburt erlitt die 33-jährige Mutter einen Schlaganfall. Seither liegt sie im Koma, wird im Therapiezentrum in Burgau versorgt. Der 35-jährige Vater Ali Abdo kümmert sich um die fünf Kinder, den Haushalt und besucht mehrmals pro Woche seine schwerkranke Frau. Da er keinen deutschen Führerschein hat, ist er darauf angewiesen, dass ihn ein Helfer fährt. Seine Situation geht an die Substanz, eine Zukunft kann er für die Familie so nicht aufbauen. Auch die ehrenamtlichen Helfer sind an ihre Grenzen gelangt und schlugen Alarm.
Mühlberger war „überrascht“ davon, wie viele sich nach dem Bericht in der SÜDWEST PRESSE im Rathaus gemeldet haben: „Toll, wie die Menschen versuchen, die Familie zu unterstützen.“ Darunter zwei Fahrschulen: eine aus Langenau und ein syrisches Ehepaar, das in Ulm eine Fahrschule aufbaut. Bei letzterer werde Ali Abdo wohl den Führerschein machen, da sie auch über arabische Prüfungsunterlagen verfügt, berichtet Mühlberger. Sogar die Kosten für die Theorieprüfung sind gesichert: Bei der Gemeinde meldete sich ein junger Mann, der selbst erst kürzlich den Führerschein gemacht hat und deshalb weiß, wie teuer die Prüfung ist: 101 Euro, die er übernehmen wird. Ein Autohaus sehe sich nach einem geeigneten Fahrzeug um.
Eine positive Nachricht hat auch Bernd Weltin, Sprecher des Landratsamtes Alb-Donau: Ab kommender Woche wird eine Haushaltshilfe der Familie zwölf Stunden pro Woche zur Seite stehen. Finanziert vom Landkreis, der damit auf die Ausnahmesituation reagiert. Das Sozialdezernat habe sich um eine Lösung bemüht, die Stelle ist zunächst befristet bis Ende Oktober. „Wir hoffen darauf, über genügend finanzielle Mittel zu verfügen, um professionelle Hilfe für die Familie zu organisieren“, sagt Mühlberger. Ansonsten stünden Gemeinde und Helfer bereit. Ziel sei langfristig, dass die Familie es schaffe, auf eigenen Füßen zu stehen.




Familie Abdo aus Syrien war in Breitingen auf einem guten Weg. Dann das Unglück: Seit Juli liegt die Mutter von fünf Kindern im Koma.
Sie hätten es geschafft. Da sind sich Bürgermeister Dieter Mühlberger und die Helfer sicher: Mit ihrer Unterstützung wäre Familie Abdo auf einem guten Weg gewesen, ihr neues Leben in Breitingen zu meistern. Bis im Juli das Unglück geschah. Seither liegt Esmahan Abdo, 33 Jahre alt, Mutter von fünf Kindern, im Koma.
Nun schlagen die Helfer Alarm: „Was wir gerade machen, können wir auf Dauer nicht durchhalten“, sagen Anja Kern und Gunther Irmsch vom Helferkreis, in dem rund zehn Leute tätig sind. Auch die Gemeindeverwaltung könne die nötige Unterstützung nicht leisten, zumal er nur ehrenamtlicher Bürgermeister sei, erklärt Mühlberger. Sozialamt, Jugendhilfe – alle möglichen Einrichtungen hätten sie bereits auf den Notfall aufmerksam gemacht. „Doch die staatliche Hilfe greift offenbar nicht mehr in so einem extremen Fall“, meint er. „Wir stellen fest, dass Fördertöpfe nicht dafür gemacht sind.“
Der Anfang: Beschwerlich war die Flucht der Familie aus dem vom Krieg zerstörten Syrien. Weite Strecken waren Ali Abdo (35), seine schwangere Frau Esmahan (33), die Jungen Achmed (12) und Mohamed (9), die Schwestern Diyana (8) und Aya (6) zu Fuß gegangen. Von der Türkei gelangten sie nach Bulgarien und schließlich am 20. Januar 2016 nach Deutschland. Im Frühjahr landeten sie im beschaulichen Breitingen, das Dorf auf der Alb hat gerade mal 285 Einwohner.
Die Zukunft schien verheißungsvoll. Hier mitten im Dorf konnten sie den ersten Stock eines Hauses beziehen, das die Gemeinde gekauft und renoviert hat, um Flüchtlinge unterzubringen. Hinterm Haus gibt es einen Garten, von Gunther Irmsch ausgestattet mit Sandkasten und Schaukel, Platz zum Spielen und Toben.
Die Mutter habe geputzt, gekocht, für die Kinder gesorgt, erzählt Anja Kern. Der Vater half regelmäßig beim Bauen mit und besuchte ein bis zwei Mal in der Woche einen Deutsch- Kurs. „Der Kontakt war intensiv, weil die Familie sehr freundlich, offen und interessiert war.“ Die Mutter habe sie sogar als „Schwester“ bezeichnet. Die Mädchen besuchen den Kindergarten im Ort, Mohamed die Grundschule in Weidenstetten, Achmed eine Vorbereitungsklasse in Langenau – und alle sprechen inzwischen Deutsch.
„Es lief gut“, sagt Anja Kern. „Die Schwierigkeiten begannen erst nach der Entbindung.“ Am 5. Juli kam Hamida, das fünfte Kind der Familie, in der Ulmer Frauenklinik auf die Welt. Zart, quicklebendig. Doch die Mutter fühlte sich nach der Geburt nicht wohl. „Esmahan hatte schlimme Kopfschmerzen“, erzählt Kern. Die 33-Jährige wurde neurologisch untersucht, musste Medikamente nehmen, kam schließlich nach Hause. Weil es ihr nicht gut ging, „waren wir immer wieder in der Klinik“.
Eine Woche später wurde die 33-Jährige leblos auf dem Sofa gefunden. Ein Schlaganfall, der Notarzt wurde gerufen, Esmahan Abdo notoperiert. Die fünffache Mutter liegt seither im Koma und wird im Therapiezentrum in Burgau versorgt.
Die Situation für die Familie ist dramatisch: Ali Abdo schmeißt den ganzen Haushalt, kocht, versorgt die vier größeren Kinder ebenso wie den zwei Monate alten Säugling. An einen Deutsch-Kurs ist nicht mehr zu denken. Drei bis vier Mal in der Woche kann er seine kranke Frau im 40 Kilometer entfernten Burgau besuchen
– weil ihn ein Helfer in die Klinik fährt. Das dauere drei bis vier Stunden, erzählt Mühlberger. Genauso viel Zeit müsse an dem Tag ein weiterer Helfer aufbringen, um die Kinder zuhause zu betreuen.
Selbst beim Einkaufen ist der 35-Jährige auf Unterstützung oder eine Mitfahrgelegenheit angewiesen. Denn im Dorf gibt es kein Geschäft, „nur frische Milch vom Bauern“, sagt Anja Kern. „Kurz mal einkaufen, das geht hier nicht, das ist eine halbe Weltreise.“ Früher sei er ab und zu nach Beimerstetten mit dem Fahrrad gefahren, um Besorgungen zu erledigen. „Das ist jetzt mit dem Baby nicht mehr möglich.“ Und: „Mit dem Bus geht nicht viel“, sagt Mühlberger, abends gebe es gar keine Verbindung mehr.
Dem bescheidenen Familienvater ist es nicht angenehm, so sehr auf Hilfe angewiesen zu sein. Viel lieber würde er selbständig sein. Doch er
kann nicht fahren, weil sein syrischer Führerschein hier nur ein halbes Jahr lang gegolten hat. Es wäre eine Riesenhilfe, wenn er nun den deutschen Führerschein machen könnte, erklärt Irmsch. Beim Optiker seien sie schon gewesen, er werde noch einen DRK-Lehrgang organisieren. Und der Syrer muss die Theorieprüfung absolvieren. Hilfreich wären für ihn Prüfungsunterlagen auf Arabisch. Die Praxis dürfte kein Problem für den 35-Jährigen sein, der unter anderem als Taxifahrer gearbeitet hat, meint Irmsch. Doch es fehlt an Zeit und Geld.
Das Fazit der Helfer in dieser Situation: „Wir brauchen für die Familie eine Haushaltshilfe, die hierher kommt.“ Dabei denken sie nicht an ehrenamtliche Unterstützung, sondern an eine bezahlte Kraft. „Wir versuchen, Geld dafür aufzutreiben“, erklärt Mühlberger.
Was sich Ali Abdo wünscht? Dass es seiner Frau besser geht, antwortet er und fügt hinzu, dass er den Helfern dankt. Die Unterstützung sei so groß, wie man sie nicht einmal von der eigenen Familie erwarten könne. Schrauber, Bastler, Automechaniker – „er kann handwerklich sehr gut arbeiten“, sagt Mühlberger über den Familienvater. Doch an seine berufliche
Zukunft ist derzeit nicht zu denken: Zuerst müssen die Kinder versorgt sein. Dann könnte der 35-Jährige wieder einen Deutsch- Kurs besuchen, könnte das Leben der Familie in die Hand nehmen.

Wo Einsatz vonnöten ist

Haushaltshilfe Generell werde für die Familie finanzielle Unterstützung benötigt, sagt Anja Kern vom Helferkreis. Zum Beispiel für eine bezahlte Haushaltshilfe. „Es ist die Frage, wie wir das finanzieren können?,
meint der Breitinger Bürgermeister Dieter Mühlberger. „Wir klopfen das staatliche soziale Netz ab.“ Denkbar sei auch eine Finanzierung über Stiftungen und Spenden.
Führerschein Hilfe ist auch nötig, damit der Familienvater den deutschen Führerschein machen kann. Er brauche Theorieunterlagen auf Arabisch. Für die Prüfungen werden Gebühren fällig. Ein Auto würde den Alltag der Familie – Klinikbesuche, Einkäufe – sehr erleichtern. Mühlberger denkt dabei an Firmen, die einen bereits abgeschriebenen Kleinbus entbehren können.
Musikunterricht Weiter sei angedacht, dass die beiden Jungen im Dorf Schlagzeugunterricht erhalten, ein Breitinger sei bereit, sie für wenig Geld zu unterrichten. Im Dorf gibt es keinen Sportverein.

Ansprechpartner
Rathaus Breitingen, Neenstetter Str. 17:
Tel.: (07340) 919106,
Fax: (07340) 919107,
E-Mail: info@breitingen-lonetal.de

Wer Familie Abdo unterstützen möchte, kann dies über die Aktion 100 000 und Ulmer helft tun. Die Spenden werden direkt an die Familie weitergeleitet. Einfach auf der Überweisung unter Verwendungszweck das Stichwort „Familie Abdo“ notieren. Das Spendenkonto bei der Ulmer Volksbank hat die Nummer: IBAN DE79 6309 0100 0002 3640 18, BIC ULMVDE66. Das Konto bei der Sparkasse Ulm: IBAN DE47 6305 0000 0000 1000 03, BIC SOLADES1ULM

Spendenbescheinigungen werden ab einem Betrag von 201 € ausgestellt. Bei geringeren Beträgen dient der Überweisungsträger als Bescheinigung gegenüber dem Finanzamt.