01.04.2019

Das Wüste ist unverwüstlich

Kleinkunst Die Untertoener füllen dreimal das Kornhaus mit ihrer bewährten Mischung aus Kabarett und Musik. Von Walter Notz


Drei Abende hintereinander ein fast völlig ausverkaufter Kornhaussaal. Die Untertoener schaffen das spielend. Denn für die Fans sind ihre Auftritte im Rahmen der Aktion 100 000 und Ulmer helft jedes Jahr aufs Neue ein Muss.

Wo es unter den Nägeln brennt

Zum ersten Mal traten die Untertoener aber im Kornhaus auf. Und die Chemie stimmte auch am neuen Spielort zwischen den Fünf auf der Bühne und den Fans im Saal. „Das Wüste lebt“ lautet der Titel des aktuellen Programms, in dem sofort ums Wesentliche ging. Defekte Toiletten an Schulen, für deren Instandsetzung sich niemand zuständig fühlt, oder die Ulmer Höhenrekorde: höchster Kirchturm und höchste Straßenbahnhaltestelle, aber auch höchste Dichte an Baustellen und höchste Anzahl an baufälligen Brücken. Eva Hempfer, Claudia Kreiser und Lothar Beck wissen genau, wo es den Ulmern und Neu Ulmern unter den Nägeln brennt. Selbst die Oberbürgermeister beider Städte bekamen ihr Fett weg. Der eine mache oft dicke Backen und heraus komme immer nur ein (C)zisch, der Andere verwechsle ständig WhatsApp mit „Wart’s ab“. Auch der jüngste Aufschrei um die „erotischen“ Imageplakate der Stadt Ulm wurde deftig kommentiert.

Der Schweiger von Schwendi

Kabarett, Musik, Melange, daraus besteht nach eigener Aussage das Programm der Untertoener. Die Musik ist ein wichtiger Bestandteil. Dafür sorgen auch die beiden langjährigen Mitstreiter: Peter Klein am Piano und Frank Miller, der von Bass über Blech bis zu musikalischen Effekten und Gesang sein Können präsentieren kann.  „Der Schweiger von Schwendi“, wie ihn Lothar Beck titulierte, durfte sogar mit Selbigem als Kabarettist glänzen. Zwei Gigolos, die trotz reichlich Zwicken und Zwacken noch immer die Eintänzer auf dem Traumschiff mimen. Da ging’s dann rein witztechnisch auch mal unter die Gürtellinie.

Lothar Beck zeigte selbstironisch auch noch, das er in schrillen Frauenkleidern und auf High Heels eine „gute“ Figur abgeben kann. Voller Elan warf sich Claudia Kreiser in ihre Rollen. Und ja, das Thema Männergrippe sorgt noch immer für Heiterkeit, zumindest beim weiblichen Teil des Publikums. Die andere Hälfte weiß eben aus eigener leidvoller Erfahrung, das Mann schon bei 38 Grad Körpertemperatur komplett flach liegen muss!


Musikalischer Kopf der Untertoener

Wenn Claudia Kreiser und Lothar Beck das in die Jahre gekommene Ehepaar im gemeinsamen Bett spielen, dann lachen alle über die daraus entstehenden Alltäglichkeiten. Schließlich geht es um Hitzewallungen, Blasenschwäche und die ewig eiskalten Frauenfüße.

Eva Hempfer ist und bleibt der musikalische Kopf der Untertoener. Sie such die Lieder aus, sie textet das ein oder andere um, und dass ihre musikalische Liebe besonders den Swing-Klassikern und den Schlagern der 50er und 60er gilt, ist nicht zu überhören. Wer meint, das seien alles nur olle Kamellen, der täuscht sich. Die Fans der Untertoener lieben dies. Der beste Beweis: Der ganze Saal erhob sich, stimmte andächtig und aus vollem Herzen „Aber dich gibt’s nur einmal für mich“ an, und dies absolut textsicher. Ihrem Publikum haben die Untertoener auch in diesem Jahr einen kurzweiligen Abend geschenkt und dabei Herz gezeigt.

 

Es ist noch nicht Schluss

Ihr drittes Programm in drei Jahren präsentieren die Untertoener: „Das Wüste lebt“. Doch eigentlich sind sie zum Großteil alte Hasen. Eva Hempfer und Lothar Beck haben eine langjährige gemeinsame Bühnenerfahrung. 1995 bis 2014 waren sie ein Teil des Kabaretts „Die Belehrer“, das sich aus dem Umfeld des Lehrerkollegs an der Valckenburg-Schule rekrutierte. Als ein Teil des Ensembles in den Ruhestand ging, wurden „Die Belehrer“ ad acta gelegt. Bei einer Geburtstagsfeier von Eva Hempfer erwachte das Interesse am Weitermachen. Mit Claudia Kreiser als Neuzugang wagte man den Neuanfang – aber unter neuem Namen. Und es wird auch künftig weitergehen: Nächstes Jahr im Februar spielen die untertoener wieder wie gewohnt im Roxy.