03.02.2016

Kultige und subversive Salonmusik

Das war klasse und verdammt subversiv, was die Stuttgarter Saloniker in der Wieland-Galerie der SÜDWEST PRESSE ablieferten.

Es sei das 36. Neujahrskonzert in diesem Jahr, erklärte der Orchestergründer und Pianist Patrick Siben, sichtlich erschöpft, aber voller Feuereifer für "seine" Sache: die Salonmusik. Diese sei eine Erfindung des bürgerlichen 19. Jahrhunderts, entstanden aus dem Wunsch heraus, dem Adel die Kulturhoheit abzutrotzen: "Man spielte nicht mehr, was der Fürst befahl, sondern schaute dem Volk aufs Maul", erklärte Siben mit schönstem schwäbischen Zungenschlag.

Was er und seine vier Mitstreiter (an Geige, Cello, Kontrabass und diversen Blasinstrumenten) dann in der ersten Konzerthälfte präsentierten, war sozusagen Kammermusik mit Mundart, dargeboten in Original-Arrangements der damaligen Zeit. Los ging's mit "Wien bleibt Wien" von Johann Schrammel, dem "Erfinder" der Schrammel-Musik, dicht gefolgt vom "Türkischen Marsch" und der Ouvertüre zur "Entführung aus dem Serail" von Mozart, zwei echten Gassenhauern, die in der Fassung für Salonorchester, man kann es nicht anders sagen, so richtig zu sich selbst kamen.

Nicht fehlen durfte Johann Strauß, "der erste Mega-Star der Musik", so Siben, vertreten mit "An der schönen blauen Donau", dem "schwäbischsten aller Walzer". Und weil's so schön war, erklang dann noch "die ganze ,Fledermaus' in 16 Minuten". Am Schluss der ersten Halbzeit ein Paradestück für den Geiger: die "Zigeuner-Patrouille" von Virgilio Ranzato.

Für den zweiten Teil des Abends, der in Nord- und Südamerika spielte, holten sich die Saloniker Verstärkung von dem Kubaner Roberto Santamaria, der nicht nur begnadet auf die jetzt aufgestellten Trommeln schlug, sondern vor allem auch dem Publikum einheizte, es zum Mitklatschen und Tanzen animierte. John Philip Sousa, Scott Joplin und George Gershwin reichten sich die Hand; Jazz, Beat und Latin mischten sich. Zum guten, nein: hervorragenden Schluss dann noch der "Radetzky-Marsch" und als Rausschmeißer eine Rumba. Ganz klar: Die Saloniker sind Kult!