23.06.2022

„Was mache ich jetzt bloß?“

Eine 69-jährige Schwerbehinderte aus Senden hat am 4. Juni bei einem Wohnungsbrand ihr gesamtes Hab und Gut verloren. Wie der Mittellosen geholfen wird und was sie erwartet.

Sie hatte nicht viel, und nun besitzt sie gar nichts mehr: Bei einem Brand in einem Mehrfamilienhaus in Senden hat eine 69-jährige schwerbehinderte Frau am Samstag, 4. Juni, ihr ganzes Hab und Gut verloren. „Was mache ich jetzt bloß?“ Das habe sie sich gedacht, als sie vor dem geräumten Haus stand und die Flammen aus den Fenstern ihrer Wohnung lodern sah, in der sie 30 Jahre lang gelebt hat, erzählt die Betroffene, Frau B. Danach sei sie zusammengebrochen.

Sieben Bewohner des Mietshauses sind wegen Rauchgasvergiftungen behandelt worden. Nur Frau B. musste ins Weißenhorner Krankenhaus eingeliefert werden. Nach fünf Tagen stationärer Behandlung wurde sie vorläufig im BRK Seniorenwohnheim in Ludwigsfeld aufgenommen. Als sie dort angekommen sei, habe sie in dem Schrank in ihrem Zimmer sogar gespendete Kleidungsstücke vorgefunden, die man für sie bereitgelegt hatte, berichtet die Sendenerin. Denn nur, was sie am Brandtag auf dem Leib getragen hat, sei noch übrig von ihrem bisherigen Leben.
Dass es so schnell mit der Not-Unterbringung im BRK-Heim geklappt hat, ist ein Glücksfall. Sagt Susanne Strauch, die amtlich bestellte Betreuerin von Frau B. Denn freie Plätze seien rar. Wie es für die Senderin weitergeht, sei unklar. Strauch hat die obdachlose Frau, die von der Grundsicherung für Bedürftige lebt, bei der Nuwog auf die Warteliste der Wohnungssuchenden setzten lassen. Ebenso auf die Warteliste für ein Seniorenheim in Senden. Zudem sei man wegen einer Unterkunft in Kontakt mit der Diakonie. „Wenn sie einen Platz im BRK-Heim bekommen könnte, wo es schöne Zimmer gibt, würde ich das gut finden“, sagt die Betreuerin. Nach dem Betreuungsrecht „geht es immer nach dem Willen der Betroffenen“, erklärt Strauch – und nach dem, was die zuständigen Behörden bereit sind zu bezahlen. Die Betroffene selbst würde gerne zurückziehen ins gewohnte Senden, in eine eigene Wohnung: „Aber das wird alles nicht so einfach sein“, meint sie, „ich kann ja nicht mehr alleine einkaufen, weil ich so krank bin“. Sie sei zu 90 Prozent schwerbehindert und werde seit langem vom Pflegedienst versorgt.

Ansprüche zu stellen sei nicht ihre Art, sagt Frau B. weiter. Das sei ihr aberzogen worden. Sie sei ohne Eltern aufgewachsen, in Heimen bei Nonnen. „Die haben immer gesagt, du kannst nichts – sei froh, dass du bei uns bist.“ Das habe sie verinnerlicht. Fast 30 Jahre lang habe sie in der Altenpflege gearbeitet, erzählt die Sendenerin weiter aus ihrem Leben. Wenn sie jetzt die Betreuerinnen im BRK-Heim bei der Arbeit sehe, habe sie manchmal den Impuls, mitzuhelfen. „Aber das geht ja nicht.“ Was ihr dort gefällt: Es gibt Streichelkatzen im Heim. Vergangene Nacht habe sogar eine bei ihr im Zimmer geschlafen. „Das war schön, ich hatte ja selber mal Katzen.“

Nicht nur was die Unterbringung angeht, ist unklar, was auf Frau B. noch zukommen wird. Denn laut Susanne Strauch muss die 69-Jährige wohl auch mit einem Gerichtsverfahren rechnen, wegen fahrlässiger Brandstiftung. Denn die Untersuchungen der Kriminalpolizei hätten ergeben, dass der Brand auf dem Herd von Frau B. ausgebrochen sei. Zwei Wohnungen in dem betroffenen Haus seien seit dem Brand unbewohnbar. Von einem Schaden in Höhe von rund 300 000 Euro sei die Rede gewesen.

Spenden über die Aktion 100 000

Unterstützung Wer Frau B. aus Senden in ihrer Notlage helfen möchte, kann das über eine Spende auf eines der Konten der Aktion 100 000 und Ulmer helft tun. Auf der Überweisung sollte unter Verwendungszweck „Frau B.“ stehen.
Spendenkonten Sparkasse Ulm, IBAN: DE4763 0500 0000 0010 0003, und bei der Volksbank Ulm-Biberach, IBAN: DE7963 0901 0000 0236 4018. Wer eine Spendenbescheinigung benötigt, sollte auf dem Überweisungsträger seine Adressdaten hinterlegen.

Artikel: Markus Fröse